Sie brauchen einen Kredit? Dann müssen Sie potenziellen Geldgeber von Ihrer Bonität, also Ihrer Kreditwürdigkeit, überzeugen. Konkret heißt das, dass Sie sowohl die Fähigkeit als auch die Bereitschaft nachweisen müssen, die künftigen Zins- und Tilgungsbelastungen fristgerecht und vollständig bezahlen zu können. Soweit die Theorie. Aber woher will die Bank wissen, ob ein Unternehmen das geliehene Geld tatsächlich zurückzahlen kann und will?

Im ersten Teil dieses Artikels erläutere ich Ihnen die Grundprinzipien der Bonitätsbeurteilung, so dass Sie daraus passende Maßnahmen für Ihre ganz persönliche Situation ableiten können. Im zweiten Teil gebe ich konkrete Tipps, mit denen Sie Ihre Unternehmensbonität schnell verbessern können.

 

Rating und Bonität

Mit Hilfe komplizierter mathematisch-statistischer Ratingverfahren bewerten und gewichten Banken verschiedene Unternehmensfaktoren, die erfahrungsgemäß einen maßgeblichen Einfluss darauf haben, ob ein Unternehmen in Zukunft zahlungsunfähig wird oder nicht. Am Ende des Ratingprozesses wird eine Gesamtnote ermittelt. Aus dieser Note lässt sich ablesen, wie hoch das statistische Risiko ist, dass ein Unternehmen den Kredit samt Zinsen nicht oder nicht vollständig zurückbezahlen kann. Die Ratingnote drückt also die statistische Ausfallwahrscheinlichkeit eines Kredites aus. Je schlechter das Ratingergebnis, desto höher das Risiko für die Bank und desto teurer der Kredit.

Im Detail unterscheiden sich zwar die Ratingverfahren der einzelnen Bankengruppen, vom grundsätzlichen Aufbau sind sie aber weitgehend identisch und basieren auf den folgenden drei Ratingbereichen.

 

Bereich 1: Der Blick zurück

Hier geht es ausschließlich um die Beurteilung der „harten“ Faktoren, also der Zahlen aus den Abschlüssen der vergangenen Jahre. Diese werden zueinander in Beziehung gesetzt und so Kennzahlen zur Vermögens-, Kapital- sowie Rentabilitäts- und Liquiditätslage berechnet. Dort sind die wichtigsten Kennzahlen beschrieben.

Zahlen schaffen Fakten und bieten wenig Interpretationsspielraum. Darum spricht man bei diesem Bereich auch von den „harten Ratingfaktoren“. Ursprünglich machten sie beim Bankenrating zwischen 60% und 80% des Gesamtergebnisses aus. Obwohl der Anteil in den letzten Jahren bei den meisten Institutsgruppen zugunsten der qualitativen Faktoren zurückgegangen ist, hat dieser Bereich immer noch den größten Einfluss auf das gesamte Ratingergebnis.

 

Bereich 2: Fit für die Zukunft

Während es bei den quantitativen Faktoren um die Erfolge der Vergangenheit und den daraus resultierenden Vermögens- und Finanzierungsstrukturen geht, beschäftigt sich die Beurteilung der sogenannten „weichen“ Faktoren mit der Zukunftsfähigkeit des Unternehmens. Dabei werden unter anderen die Kompetenz des Managements, die Marktstellung, der Wettbewerb, die Unternehmensstrategie, sowie die Steuerungsinstrumente im Allgemeinen und die Qualität der Unternehmensplanungen im Besonderen beurteilt.

Diese Faktoren bieten Interpretationsspielraum. Die Einordnung in die vorgegebene Werteskala hängt zum einen von der subjektiven Einschätzung der Analysten ab, zum anderen vom „Kommunikationsgeschick“ der Unternehmer. Hier ist jedes Unternehmen gefordert, die eigenen Stärken mittels offener Kommunikationspolitik ins rechte Licht zu rücken und so eine fundierte Vertrauensbasis aufzubauen.

 

Bereich 3: Die rote Lampe

Aus der Kontoführung kann die Bank einfach und zeitnah ablesen, wie es tatsächlich um die Finanzen des Unternehmens bestellt ist. Ist die Kontokorrentkreditlinie permanent voll ausgeschöpft oder wird sie sogar überzogen, werden Darlehensraten nicht pünktlich bezahlt oder Lastschriften zurückgegeben, leuchtet bei der Bank eine rote Warnlampe auf. Offensichtlich hat das Unternehmen Liquiditätsprobleme und die können sich schnell zur existenzbedrohenden Gefahr auswachsen.

Egal wie Ihre Bilanzzahlen aussehen oder wie attraktiv Ihr Angebot ist – wenn Sie die Kontoführung nicht im Griff haben, gibt es Probleme. Eine ordentliche Kontoführung mit Spielraum für „Unvorhergesehenes“, ist die Grundvoraussetzung, um auch künftig an Kredite zu kommen.

 

7 Maßnahmen zur Verbesserung der Unternehmensbonität

Für eine bessere Bonitätseinstufung und damit für einen leichteren Zugang zum Kredit können Sie selbst ganz konkret einiges tun. Mit Einsatz der nachfolgend vorgestellten Maßnahmen können Sie relativ schnell zu einer besseren Ratingeinstufung beitragen.

 

1. Kontoführung

Es sollte selbstverständlich sein, dass die Bankkonten innerhalb der eingeräumten Kreditlinien geführt werden und es nicht zu Überziehungen kommt. Lassen sich diese im Ausnahmefall nicht vermeiden, sollten sie zumindest mit den zuständigen Kundenbetreuern im Vorfeld abgesprochen werden. Dazu gehört auch ein Konzept, wie und bis wann die Überziehung wieder zurückgeführt wird.

Grundsätzlich sollten Kontokorrentkreditlinien nur zu maximal 70% – 80% ausgeschöpft werden, damit sie die notwendige „Luft zum Atmen“ haben. Das schlägt sich nicht nur positiv auf das Ratingergebnis aus, sondern gibt Ihnen auch den notwendigen Freiraum für unvorhergesehene Ausgaben. Eine vorausschauende Liquiditätsplanung, also die Gegenüberstellung der erwarteten Ein- und Auszahlungen, unterstützt Sie wirksam bei der Kontoführung. Zeichnet sich ab, dass die Kreditlinien zu eng werden, bleibt Ihnen noch genügend Zeit zum Handeln und sich nach passenden Finanzierungsmöglichkeiten umzusehen. Was Sie sonst noch tun können, wenn das Geld gerade knapp ist, können Sie hier nachlesen.

 

2. Unternehmenssteuerung

Ohne plausible Umsatz- und Ertragsplanung für die kommenden zwei bis drei Geschäftsjahre brauchen Sie als Unternehmer erst gar nicht mehr zu Kreditverhandlungen anzutreten. Mittlerweile gilt generell: Ohne Controlling kein Kredit. Spätestens beim Vergleich der Planzahlen mit den tatsächlich erreichten Ist-Zahlen zeigt sich, was Ihre Planungen tatsächlich wert sind. Natürlich werden die Ist-Zahlen nie haargenau mit den Planzahlen übereinstimmen, das erwartet auch niemand. Hauptsache die Richtung stimmt.

Besonders aufpassen sollten Sie bei den unterjährigen Zahlen aus der Buchhaltung, also der BWA (Betriebswirtschaftliche Auswertung). Sie haben oft nicht viel mit der Unternehmenswirklichkeit zu tun. Daher ist es ratsam, dass Sie diese Zahlen soweit notwendig erläutern. Mehr dazu, wie Sie die BWA für die Bank richtig aufbereiten, finden Sie hier.

 

3. Information

Schon alleine wegen entsprechender gesetzlicher Vorschriften wollen Banken regelmäßig über die wirtschaftliche Entwicklung ihrer Kreditnehmer informiert werden. Dazu müssen laufend die aktuellen Jahresabschlüsse sowie unterjährig zumindest quartalsweise die aktuellen BWAs vorgelegt werden. Reichen Sie diese Unterlagen von sich aus ein, ohne dass Sie vorher jedes Mal extra dazu aufgefordert werden müssen.

Dabei sollten Sie es aber nicht belassen: Wenn Sie schon Planrechnungen erstellt haben, ist es sinnvoll, laufend die Planzahlen mit den tatsächlich erreichten Ist-Zahlen abgleichen und bei Abweichungen die Gründe dafür erläutern und entsprechende Maßnahmen zur Gegensteuerung aufzeigen, um wieder auf Kurs zu kommen. Geben Sie auch diese Unterlagen an Ihre Bank weiter.

Lassen Sie die Bank hinter Ihre Zahlen schauen: Was ist der Grund, dass sich beispielsweise die Personalkosten überproportional erhöht haben, warum waren zum letzten Bilanzstichtag die Warenbestände besonders hoch,… Solch eine offene und transparente Informationspolitik stärkt das Vertrauensverhältnis und die Überzeugung in Ihre Kompetenzen als Unternehmenslenker. Und das wirkt sich bei der Beurteilung der qualitativen Unternehmensfaktoren und damit auf Ihre Ratingeinstufung sofort positiv aus.

 

4. Kommunikation

Im Unternehmeralltag läuft nicht immer alles glatt, das ist ganz normal. Ob sich nun das vielversprechende neue Produkt am Markt nicht so gut verkauft wie erwartet, ob Ihnen Geld verloren geht, weil ein bislang guter Kunde plötzlich nicht mehr bezahlen kann oder ob es Probleme mit dem eigenen Qualitätsmanagement gibt und Kunden die bestellte Waren wegen Mängel nicht abnehmen. Die Probleme kommen bei der Bank spätestens mit dem nächsten Jahresabschluss ans Licht.

Erfahrene Analysten erkennen die Anzeichen dafür aus den Zahlen und haken nach. Haben Sie aber mit der Bank vorab darüber gesprochen und Lösungsmöglichkeiten aufgezeigt, erhalten Sie viel leichter die notwendigen Kredite, um über die Probleme hinweg zu kommen. Melden Sie sich erst, wenn bereits Feuer unterm Dach ist, wird es schwierig, Geld zu bekommen. Davon abgesehen, kann sich bei einer offenen Informationspolitik die Bank darauf verlassen, dass sie frühzeitig von möglichen Problemen erfährt und nicht mit bösen Überraschungen rechnen muss. Das wirkt sich positiv auf das Rating aus.

 

5. Investitionen

Wenn Sie Waren einkaufen oder Löhne und Gehälter zahlen, erhalten sie das investierte Geld über den Verkauf ihrer Produkte relativ kurzfristig wieder zurück. Anders sieht es aus, wenn Sie Maschinen und Anlagen kaufen. Die Maschine soll ja nicht verkauft sondern langfristig genutzt werden. Das investierte Geld wird erst über einen langen Zeitraum nach und nach wieder verdient. Bei einer kurzfristigen Fälligkeit der Finanzierung wäre noch nicht genug Geld in der Kasse, um den Kredit zurückzahlen zu können.

Bekommen Sie bei Fälligkeit des Kredits keine oder nur eine wesentlich teure Anschlussfinanzierung, hat Ihr Unternehmen ein existenzbedrohendes Problem. Aus diesem Grund haben Liquiditätskennzahlen auch einen gewichtigen Einfluss auf das Ratingergebnis. Deshalb sollte das Eigenkapital plus das langfristige Fremdkapital auf der Passivseite der Bilanz mindestens genauso hoch sein wie das Anlagevermögen auf der Aktivseite, besser etwas höher.

Suchen Sie frühzeitig das Gespräch mit Ihrer Bank, wenn bei Ihrem Unternehmen diese Kennzahl kleiner 1, also ein Teil des Anlagevermögens kurzfristig finanziert ist. In der Regel ist man bei der Bank offen für eine Umfinanzierung eines Teils der kurzfristigen Kredite in langfristige Darlehen. In schwierigen Fällen gibt es auch die Unterstützung seitens der Förderbanken, beispielsweise den Akutkredit der LfA Förderbank Bayern. Die Förderbanken nehmen den Hausbanken bei Bedarf einen Teil des Kreditrisikos ab, was die Finanzierung erleichtert.

 

6. Finanzbedarf

Sprechen Sie rechtzeitig mit Ihrer Bank, wenn Sie Investitionen planen oder die Vorfinanzierung größerer Aufträge und Projekte ansteht. Informieren Sie die Bank erst über den erhöhten Finanzierungsbedarf, wenn bereits die Rechnungen im Haus sind, lassen sich Probleme kaum vermeiden.

Selbst wenn ein zusätzlicher Kredit an und für sich kein Problem ist, dauert es erfahrungsgemäß Wochen, bis Sie tatsächlich über das Geld verfügen können. Die Unterlagen müssen geprüft und bankintern für die Entscheider aufbereitet werden, der Antrag muss durch die Gremien, Sicherheiten müssen bestellt und das gesamte Vertragswerk geregelt werden.

In der Zwischenzeit sind die Rechnungen längst fällig. Entweder Sie vertrösten Ihre Lieferanten, was sich negativ auf Ihre Auskünfte auswirkt, oder Sie strapazieren die Kontokorrentkreditlinien und die rote Warnlampe leuchtet auf.

Abgesehen davon erweckt dieses Vorgehen den Verdacht, dass Sie planlos handeln. Und das ist keine gute Voraussetzung, Vertrauen in Ihre Geschäftsführungskompetenz zu setzen.

 

7. Eigenkapital und Eigenkapitalquote

Eigenkapital steht dem Unternehmen langfristig zur Verfügung und kann im Falle einer Unternehmensinsolvenz erst aus dem Unternehmen abgezogen werden, wenn alle anderen Gläubiger ihr Geld zurückbekommen haben. Eigenkapital gibt dem Unternehmen Stabilität. Daher ist die Eigenkapitalquote, also das Verhältnis von Eigenkapital zur gesamten Bilanzsumme des Unternehmens, eine der wichtigsten Kennzahlen bei der Beurteilung der quantitativen Unternehmensfaktoren.

Die drei wichtigsten Maßnahmen mit denen Sie die Eigenkapitalquote Ihres Unternehmens schnell verbessern können, habe ich hier erläutert.

 

Fazit

Das Ratingergebnis – und damit die Bonitätseinstufung eines Unternehmens – ist weder ausschließlich von den Unternehmenszahlen abhängig noch sind Sie als Unternehmer ohne Einflussmöglichkeiten. Selbst bei der Darstellung der Unternehmenszahlen haben Sie Gestaltungsspielraum, indem Sie Geldeinlagen entsprechend vertraglich ausgestalten und die Laufzeit der Finanzierung an die des finanzierten Vermögens anpassen. Oder die Bilanzsumme mittels Leasing oder Factoring verkleinern, wodurch die Eigenkapitalquote steigt.

Die Zahlen alleine entscheiden nicht darüber, ob Sie Kredit bekommen oder nicht. An Ihnen als Unternehmer liegt es, bei der Bank die Vertrauensbasis dafür zu schaffen, dass Ihr Unternehmen auch in Zukunft erfolgreich sein wird. Und dafür bieten die aufgezeigten Maßnahmen eine gute Voraussetzung.

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Elfriede Hübner

Elfriede Hübner

Mehr als zehn Jahre war Elfriede Hübner für Kreditentscheidungen bei Banken verantwortlich. Jetzt hilft sie Unternehmen, die eigenen Stärken bei Kreditverhandlungen ins richtige Licht zu rücken. Denn nicht nur die nackten Zahlen entscheiden darüber, ob ein Unternehmen Kredite bekommt oder nicht.